Das war ein Erlebnis!
Das war ein Erlebnis! Der letzte Fachtag zur Mehrsprachigkeit, der am 21.09.2021 bereits zum 7. Mal veranstaltet wurde – das zweite Mal online, berlinweit und über Berlin hinaus. Die Male davor, wie immer bis dahin, in Präsenz, in Berlin-Pankow – wuchs von Jahr zu Jahr, breitete sich aus, erreichte immer mehr Menschen, die sich für die Zwei- und Mehrsprachigkeit sowie Interkulturalität begeistern lassen.
Im letzten und diesen Jahr lag der Fokus auf den Herkunftssprachen und dem Berliner Schulsystem. Der aktuelle Titel des Fachtags lautete: ,,Herkunftssprachlicher Unterricht im Berliner Bildungssystem – Realität oder nur ein Traum von vielen Eltern?“. Der Hauptveranstalter ist seit diesem Jahr BEFaN – ein berlinweites Netzwerk, an dem vor allem Migrant*innenorganisationen, Projekte der Integrationsarbeit, pädagogische Fachkräfte und weitere Akteure beteiligt sind, die sich aktiv im Bereich Mehrsprachigkeit und Bildung für die institutionelle Förderung von Mehrsprachigkeit einsetzen. Aber nicht nur das war neu. Wenige Tage vor dem Event beschloss das Berliner Abgeordnetenhaus auf den Zusatz „NDH“ zu verzichten: nicht deutscher Herkunft. Diese Formulierung stempelte Kinder aus migrantischen Familien in Kitas und Schulen negativ ab, indem die Aufmerksamkeit auf Defizite des Kindes gelenkt wurde und dabei Informationen über weitere von ihm mitgebrachte Sprachen ignorierte.
Eine weitere Neuigkeit ist, dass jetzt Mehrsprachigkeit als Bildungsauftrag verstanden werden soll und nicht nur als zusätzlichen Schmuckstück oder gar als Ballast. Das bedeutet, dass jedes Kind in der Kita und Schule den Anspruch auf seine Herkunftssprache hat. Was nicht bedeutet, dass ab sofort jede Einrichtung jede Sprache anbieten wird – das ist ein Prozess und wird schon eine Zeit dauern, aber was sich ändert, ist das Bewusstsein: Meine Familiensprache ist viel wert und wird auf dem Zeugnis ausgewiesen!
Das sind Ergebnisse der Prozesse, die seit Jahren von migrantischen Communities verfolgt werden. Diese mühen sich seit langem, ihre Präsenz zu stärken, damit ihre Sprachen und Kulturen als ein Mehrwert für die wachsende internationale und moderne Hauptstadt Deutschlands wahrgenommen und wertgeschätzt werden, und für ein gutes Miteinander sorgen.
Dazu gehören intensiver Austausch der Communities untereinander in den Bereichen Migration, Interkulturalität, Mehrsprachigkeit und Bündelung der Kräfte, z.B. in Form der Arbeitsgruppe „Lingua Pankow“ oder des wachsenden Netzwerkes „BEFaN“ oder auch der AG Mehrsprachigkeit in Marzahn-Hellersdorf.
Dazu gehören auch zahlreiche Kooperationen mit Verwaltungen: die Stadtbibliotheken, das Jugendamt, das Gesundheitsamt, das Bezirksamt oder das Büro der Integrationsbeauftragten. Seit 2020 gibt es die Kooperation mit der Senatsverwaltung für Integration und Migration sowie Senatsverwaltung für Bildung.
Die Prozesse verliefen nicht immer einfach, verlangten Ausdauer und Bestimmung von Beteiligten, mündeten schließlich aber in Synergien und Weiterentwicklung in der globalisierten Welt.
Es ist auch ein wunderbares Beispiel der Entstehung und Entwicklung der lokalen Initiativen zu berlinweiten Gremien und entstehenden neuen Strukturen, mit Unterstützung der Erfahrungen und des Wissens von Akteuren in entlegenen mehrsprachigen und interkulturellen Regionen und Ergebnissen, von denen viele weitere Communities schöpfen können.
Das SprachCafé Polnisch e.V. und der spanischsprachige MaMis en Movimiento e.V. in Zusammenarbeit mit anderen Communities sind heute darüber richtig glücklich, dass die Zwei- und Mehrsprachigkeit, die sich als roter Faden durch die (fast) 10-jährige Geschichte unserer Initiativen zieht und von Anfang an unser größtes Anliegen war, heute Früchte tragen kann. So viele Menschen in allen Generationen haben sich auf unterschiedlichste Art und Weise tagtäglich daran beteiligt und zu diesem Erfolg beigetragen. Herzlichen Dank an Euch alle! Geteilte Freude ist doppelte Freude!
Und schön, dass wir dazu gehören und Berlin bereichern können.
Dokumentation des Fachtags:
– Einladung zum Fachtag
– Die Videodokumentation des ersten Teils unseres VII. Fachtags 2021: VII. Fachtag „Herkunftssprachlicher Unterricht im Berliner Bildungssystem”: Dokumentation 2021 – YouTube
– Grit Mehlhorn_Berlin_21.Sept.2021 (1) >>> Inhaltlicher Beitrag
– Die Veröffentlichung des geänderten Schulgesetzes, s. § 15 SchulG auf S.1126f, Gesetz- und Verordnungsblatt vom 6. Oktober 2021 – als Anregung uns Ermutigung für Euch! >>> s. Text DE | PL