Menschen bräuchten Menschen – zum Sprechen!
Heute, schon gegen Ende des lebhaften Bürotages, klopfte an der uralten Holztür der Schulze ein älterer Mann, der anscheinend das erste Mal diesen Raum betrat. Nicht ganz verständlich wirkten anfänglich seine Worte über den Anlass des Besuches. Erst als er klar und deutlich den Wunsch nach einem Kaffee äußerte und sich ans Tresen setzte und gleich bezahlte, wurde er langsam verständlicher. Seine Art zu sprechen magnetisierte mich beinahe, ich wurde immer neugieriger auf die einfachen, aber doch irgendwie sehr gepflegten Worte und gar tiefgründigen Gedanken, die Satz für Satz von ihm ausgesprochen wurden… Und hörte ihm zu, mit Ruhe und genoss es. Solch eine Konzentration bei einer Unterhaltung können jetzt wohl nur ältere Menschen ermöglichen, die die Zerstreutheit durch abdriften in der virtuellen Welt nie kennengelernt haben? Es tat auf jeden Fall richtig gut, für einen Moment aus der Realität herausgenommen zu werden, oder so.
Es wäre wichtig, dass Menschen zusammenkommen, sagte der Mann, es wäre wichtig, dass sich Menschen mitteilen. Er erzählte, dass er in Berlin geboren wäre und auch hier zur Schule gegangen wäre. Berlin wäre eine Stadt, die ständig mit oder in Veränderungen leben würde, es gäbe hier nichts Beschauliches, Berliner bräuchten diese Veränderungen wie Luft zum Leben. Jeder müsste hier sein Glück selbst suchen und es auch finden. So wie er es selbst auch tat. Denn diese Stadt würde ihren Einwohnern von sich kaum Glück bieten… Menschen bräuchten Menschen – zum Sprechen, wiederholte er und schmunzelte ein wenig, wenn auch unbeabsichtigt. Das SprachCafé wäre der richtige Ort für Begegnungen… Er würde gern noch mal kommen, sagte er, denn mit Polen würde er sich auch verbunden fühlen, auf seine Art und Weise. Die Kaffeetasse war inzwischen leer. Der Mann stand langsam auf, verabschiedete sich freundlich und charmant und ging mit dem Stock aufmerksam und irgendwie erleichtert fort, vielleicht sogar erfreut.
In den wenigen Minuten spielten sich parallel in Nebenräumen auch noch andere kurze Geschichten ab. Diese kann ich gerade kaum noch wiedergeben: zwei Jungs aus der nah gelegenen Schule, die eigentlich in der Küche am Kochen waren und gerade im Cafébereich nach etwas suchten, oder die dreijährige süße verschmitzte Mascha aus der Nachbarschaft mit ihrer Mama, die bei uns am Wochenende feiern wollten und gerade was zu besprechen hatten.
Vielleicht ließen sich in den wenigen kurzen von ihnen ausgesprochenen Sätzen auch noch andere Akzente als das Berlinerische nicht überhören?
Ich weiß noch, der Mann hat sie auch wahrgenommen, sogar richtig wahrgenommen – als wichtige Mitmenschen…
Es war für mich eine magische Begegnung, mitten im Tagesgeschehen und so unerwartet, an diesem Februarnachmittag…
Ich weiß, dieser Ort ist ein guter Begegnungsort für Menschen. Ein beliebter. Hier verweilen Menschen gern und sprechen das sogar selbst ungezwungen aus. Das freut und ermutigt. Ich freue mich, dass es diesen Ort gibt. Ich freue mich auch auf unerwartete Besucher.